Konzept und Bildungsangebot

Einleitung

Bildungsinitiativen, die in der Schweiz neue Wege einschlagen und sich mit einem eigenen Profil positionieren, werden vom Staat in der Liste von Privatschulen geführt.
Die Scuola Vivante hat sich mit ihrem Bildungsangebot in all den 28 Jahren, von 1992 bis 2020, immer als öffentliche Schule verstanden; eine Schule, die mit starker Innovationskraft und einem in die Zukunft gerichteten Blick im Zusammenspiel von Team, Schülerschaft, Schulleitung, Eltern und freien Mitarbeitern das eigene Konzept gestaltete, oftmals auch unkonventionell, und sich fortlaufend weiterentwickelte.

Die Scuola Vivante förderte das Bewusstsein sich als mitfühlender Teil des Ganzen wahrzunehmen und den Mut sich für die Entwicklung der Welt zu engagieren. Es ist der Schule gelungen ein Konzept umzusetzen, das den an klassischen Fächer- und Stundentakt orientierten Unterricht auflöste und ihn überführte in ein System des sinnorientierten und vernetzten Denkens und Arbeitens. Die Kinder und Jugendlichen wurden aktiv in ihren persönlichen Lern- und Leistungsprozess miteinbezogen.

Als UNESCO-assoziierte Schule (ASPnet) verpflichtete sich die Scuola Vivante zu deren Werten.SchülerInnen und LehrerInnen setzten sich nach Start der Agende 2030 bewusst für die Umsetzung der 17 Ziele ein.

Das Logo der Freien Volksschule Werdenberg

Logo von 1994-2007
Die Fliege war Ausdruck vom Unkonventionellen, Frechen aber auch vom Unscheinbaren/Stillen im Menschen, das mehr Beachtung verdient

Logo von 2008-2020
Das Logo der Scuola Vivante wurde von der liechtensteinischen Künstlerin Regina Marxer entworfen.

Kurzportrait

Die Scuola Vivante war eine zukunftsgerichtete, staatlich bewilligte und anerkannte Bildungsinitiative mit privater Trägerschaft. Ihr Standort war Buchs SG.  Sie umfasste eine Schule, eine Tüftelwerkstatt sowie Kursangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Ziel der Scuola Vivante war es, den Kindern zu helfen, starke mutige Menschen zu werden, mit viel Lebensfreude in sich, einer guten Naturverbundenheit und einem gesunden Vertrauen in die Welt und in sich selbst.

Die Scuola Vivante unterstützte die Menschen darin, «zu werden, wer man im Grunde seines Wesens ist». Sie bot den Kindern und Jugendlichen Raum, ihre Talente zu entdecken, ihre Fähigkeiten zu bilden, ihre Fertigkeiten zu erproben und so als gereifte und mutige Persönlichkeiten ihr Leben und die Welt zu gestalten. Ein Schwerpunkt der Ausbildung lag in der Persönlichkeitsbildung und der Förderung des persönlichen Ausdrucks.

Die Scuola Vivante richtete sich an Kinder und Jugendliche von vier bis sechzehn Jahren, die auch spezielle Begabungen und ausserordentliche Berufswünsche mitbringen konnten.

Die Schule umfasste drei Lerngruppen (Basis- und Primarstufe sowie Sekundarstufe 1) mit je zehn bis vierzehn Schülerinnen. Die altersdurchmischten Gruppen ermöglichten die individuelle und spezifische Förderung von Begabungen sowie stufen- und klassenübergreifendes Lernen.
Neben der Hauptunterrichtssprache Deutsch waren die Schüler aller Altersstufen durch das internationale Team auf authentische Weise im täglichen Kontakt mit Französisch und Englisch. Die Freude an der Sprachenvielfalt wurde über Immersion, Begegnungen, kulturelle Projekte und Bildungsreisen gelebt und gefördert.

Die Tüftelwerkstatt „Brütwerk“ und die „fit“-Kurse mit dem Jugend Technikum an der NTB boten zusätzlich einer breiten Gruppe von interessierten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, in der Freizeit ihre eigenen Projekte zu verwirklichen und sich in gestalterischen, naturwissenschaftlichen und technischen Themen weiterzubilden.

Es war ein zentrales Anliegen der Scuola Vivante, sich für die Vielfalt des Lebens einzusetzen, eine gerechte Welt, den Dialog der verschiedenen Kulturen und den sorgsamen Umgang mit der Erde. Seit April 2010 gehörte die Scuola Vivante dem weltweiten Netzwerk der Unesco-assoziierten Schulen an. 2013 wurde die Scuola Vivante vom Schweizer Schulpreis mit dem Sonderpreis „Nischenschule“ ausgezeichnet.

Rechtliche und finanzielle Trägerschaft war der politisch und konfessionell unabhängige Verein Scuola Vivante.

 

Die Scuola Vivante erhält von Diction eine Gratulation zum Schulpreis 2013

Bildungsvereinbarung Freie Volksschule 1998 (PDF)

Leitbild Scuola Vivante 98/07 (PDF)

«Die assoziierten Schulen engagieren sich für eine Kultur des Friedens, für die internationale Verständigung zwischen Völkern und Kulturen, den Zugang zum Wissen für alle, eine nachhaltige Entwicklung und für die Einhaltung der Menschenrechte. Die assoziierten Schulen beziehen sich auf die vier grossen Pfeiler der Erziehung: lernen, zu wissen; lernen zu handeln; lernen, zusammen zu leben, und lernen, zu sein.»

Die Schüler der Scuola Vivante im Gespräch mit dem marokkanischen Reiseführer in Marrakech

 

Philosophie

Bildungsziel
Die Scuola Vivante unterstützte die Menschen darin, «zu werden, wer man im Grunde seines Wesens ist». Sie bot den Kindern und Jugendlichen Raum, ihre Talente zu entdecken, ihre Fähigkeiten zu bilden, ihre Fertigkeiten zu erproben und so als gereifte und mutige Persönlichkeiten ihr Leben und die Welt zu gestalten.

Menschenbild
In jedem Menschen ist ein gesunder Kern angelegt, der sich entfalten möchte, der bestrebt ist, sich ständig positiv weiterzuentwickeln, und zu einem gelingenden und sinnerfüllten Leben führen will. Unsere pädagogische Arbeit setzte bei dieser inneren Kraftquelle des Menschen an.

 

Wertehaltung
Team und Schüler gestalteten zusammen ein Schulklima, in dem Entfaltung, Weiterentwicklung und somit Lernen möglich ist. Gegenseitige Wertschätzung, Respekt und Offenheit sind Voraussetzungen dafür. Wir setzten uns ein für die Vielfalt des Lebens, für eine gerechte Welt, für Dialog und demokratische Werte sowie für den sorgsamen Umgang mit der Erde und mit sich selbst.

Wesensförderung
Der Leitsatz der Schule bezieht die Vielfalt der möglichen Lebensentwürfe mit ein. Wir unterstützten die Schüler darin, ihrer inneren Kraft zu vertrauen, das in ihnen liegende Potenzial auszuschöpfen und den eigenen Weg zu gehen. Wir förderten das Bewusstsein, sich als mitfühlender Teil des Ganzen wahrzunehmen.

 

 

 

aus einer Inseraten-Serie 2018

Rahmenbedingungen

Lerngruppen
Die Scuola Vivante unterrichtete ihre Schüler in altersdurchmischten Lerngruppen in Basis-, Primar- und Sekundarstufe.Eine Lerngruppe umfasste drei Jahrgangsklassen. Die durchmischte Lerngruppe ermöglicht altersübergreifendes Lernen. Eine Lerngruppe bestand aus maximal vierzehn Schülerinnen.
Um die Kinder und Jugendlichen individuell und spezifisch in ihren Begabungen und Interessen fördern zu können, verfügte die Scuola Vivante über eine grosszügige Pensenregelung.

Schulraum
Mit dem ehemaligen Fabrikgebäude „Rietli“ an der Bühlstrasse 17 in Buchs SG verfügte die Scuola Vivante über grosszügige Raumverhältnisse für die familiäre Schule und die öffentlichen Kursangebote. Die Räume waren sonnig, ansprechend und hell. Der Geist konnte sich entfalten, der Körper bewegen, die Sinne waren angeregt, es boten sich Flächen zur Gestaltung und Platz für Rückzug oder Begegnung.Das Schulgebäude lag inmitten von Grün. Die Ruhe und die Farben der Umgebung beruhigten und inspirierten. Die Natur lud zu Erkundungstouren ein und eröffnete vielfältige Lern- und Erfahrungsfelder. Das Aufwertungsprojekt Rietli, das gemeinsam mit den Schülerinnenund dem Team umgesetzt wurde, wurde zum umfassenden „Biolabor“.

Schulkultur
Eine gute Schulkultur mit einem respektvollen und sorgsamen Umgang ist eine der Hauptbedingungen für erfolgreiches Lernen. Ein persönlicher Arbeitsplatz und der Sprechstab gaben dem Schüler Raum für Rückzug und Privatsphäre einerseits und aktive Mitgestaltung des Schulalltags andererseits. Die Schülerinnen wurden durch die Ausbildung von kommunikativen Kompetenzen und Mediationstechniken zu einer gewaltfreien Konflikt- und Versöhnungskultur herangeführt.

Zeugnis und Leistungsbeurteilung
Der Schüler erhielt regelmässig transparente und breit abgestützte Rückmeldungen über seinen Lernfortschritt. Seine Leistung wurde in Gesprächen zwischen Eltern und Lehrperson und Ende Schuljahr in einem schriftlichen Bericht beurteilt. Halbjährlich legten die Schülerinnen in eigenen Worten und Bildern Zeugnis über ihre Arbeit ab, sie erstellen sich ihr eigenes Portfolio. Noten fielen weg.
Für Bewerbungsschreiben und Übertritte an weiterführende Schulen erhielten die Schulabgänger ein schriftliches Zeugnis. Die Leistungsbeurteilung entstand auf der Basis der drei überfachlichen Kompetenzbereiche des Schweizer Lehrplans 21: Personale Kompetenz, Soziale Kompetenz und Methodische Kompetenz.

Jahresthema
Die Scuola Vivante arbeitete mit einem Jahresthema. Das Jahresthema bildete den Rahmen für die Jahresplanung. Es bot die Möglichkeit zu vernetztem Unterricht. Es war der rote Faden, der durch das Schuljahr führte. Die Auswahl aus der Vielfalt der Stoffinhalte wurde dadurch sinnvoll strukturiert und ermöglichte nachhaltiges und vertieftes Lernen.

Begegnung mit der Welt
Das Lernen ausserhalb der Schulräume war fester Bestandteil des Curriculums. Der Schulwagen der Basisstufe unterwegs stand in verschiedenen Lernumgebungen. In der Primarstufe und der Sekundarstufe 1 wurde donnerstags der Tag gemeinsam im Freien gestaltet. Geschichtliche, geografische und kulturelle Lernorte wurden aufgesucht. Menschen mit speziellen (Berufs-) Erfahrungen luden wir in die Schule ein. Regelmässige Bildungsreisen führten die Schülerinnen auch über die Landesgrenze in neue Sprach- und Kulturregionen.
Diese Begegnungen mit der Welt öffneten neue Horizonte, schärften den Weitblick. Sie gaben Raum zur Förderung des Weltwissens. Sie führten auf natürliche Weise in die Berufswahl.

Lehrplan – Lernplan
Die Scuola Vivante verband die Ziele des Lehrplans 21 mit dem von jedem Kind individuellen, eigenen Lehrplan und unterstützte sie dabei, zu werden, wer sie im Grunde ihres Wesens sind.

LehrerInnen
Die Schüler wurden von einem breit ausgebildeten, internationalen Team unterrichtet. Die Lehrpersonen nahmen unterschiedliche Rollen ein. Neben der bekannten und wichtigen Rolle des Lehrenden oder des Stoffvermittlers stand jene des Coachs und Lernbegleiters. Der Klassenlehrer war Ansprechperson für Jugendliche und Eltern und koordinierte Zusammenarbeit und Zielsetzungen. Die Lehrpersonen stellten ihre Ressourcen allen Lerngruppen zur Verfügung. Die verschiedenen Lernräume waren offen und durchlässig. Diese Zusammenarbeit optimierte die individuelle Begleitung und Förderung der Schüler – von der Basisstufe bis zum Schulaustritt.

aus einer Inseraten-Serie 2008

Eltern
Das Lehrerteam und die Schulleitung pflegten den Kontakt mit den Eltern.
Der Elternabend zu Semesterbeginn gabt Einblick in die Schulplanung und Zielsetzungen. Die Webseite und regelmässige Mails informierten über laufende Aktivitäten.
Das Team freute sich – und es war eine Bereicherung -, wenn Eltern ihre Erfahrungen und ihr Können projektmässig in die Schule einfliessen liessen.
Die Schulzeit des Kindes wurde durch eine Bildungsvereinbarung und einen Unterrichtsvertrag geregelt.

Anschluss an weiterführende Schulen
Die Schülerinnen der Scuola Vivante schlugen verschiedenste Berufswege ein: Gymnasium, Berufslehre, Anschlussschulen im Kunstbereich, Fachmittelschulen. Sie können sich im Wissen um ihre Fähigkeiten und Schwächen selbstsicher in der Berufswelt und an weiterführenden Schulen bewegen. Die Übertritte wurden gezielt vorbereitet.

aus einer Inseraten-Serie 1995

Trägerschaft
Die Scuola Vivante hat als Freie Volksschule Werdenberg in den 1990er Jahren als unabhängige Schule ihren Schulbetrieb aufgenommen. In einem steten Zusammenspiel von Team, SchülerInnen und Eltern hat sich die Schule fortlaufend entwickelt. Die Trägerschaft der Schule war der gemeinnützige, politisch und konfessionell unabhängige Verein Scuola Vivante (Verein Freie Volksschule Werdenberg).

 

Bildungsangebot

Basisstufe unterwegs

erleben – empfinden – erkennen

Mit der „Basisstufe unterwegs startete die Scuola Vivante im August 2008 eine Schulform, die die Kinder dieser Altersgruppe optimal in ihrem natürlichen Lern- und Leistungsbedürfnis weiterfördert.

Die Basisstufe umfasst die ersten vier Schuljahre eines Kindes. Die Zeit von vier bis acht Jahren. Das sind die Jahre der Bewegungsfreude, der Versunkenheit in das Spiel, der zwecklosen Freude am Tun. Es ist eine Zeit, in der sich das Kind immer mehr der Welt öffnet und zunehmend seine Begabungen und Interessen entdeckt. 

Die Basisstufe war mehrheitlich unterwegs. m Wald, auf dem Bauernhof, am Weiher, neben einer Baustelle, am Fusse einer Burg, in der Stadt. Kinder und Lehrpersonen liessen sich von der Welt berühren und fanden über die Walderkundungstouren zu mehr Trittsicherheit und innerem Gleichgewicht. Ihr Dach war ein liebevoll und praktisch eingerichteter Forstwagen, der an den jeweiligen Erkundungsort gefahren wurde und dort einige Wochen blieb, ihr Schulzimmer war die Welt.

Der Basisstufenwagen der Scuola Vivante , lernen im Grünen mit den jüngsten der Scuola Vivante

Die wechselnde Umgebung regte zu vielfältigem Lernen an. Die täglichen grossen und kleinen Abenteuer machten beweglich, selbstsicher und widerstandsfähig.

Die Schülerinnen und Schüler befassten sich mit der gerade aktuellen Lernumgebung und eigneten sich dabei wichtiges Basiswissen an. Sei dies im Hüttenbau, in der Begegnung mit einem Storch, beim Auflegen eines Spitzwegerichblattes auf eine Wunde oder im Spiel mit dem Eis – die «Natur-Wissenschaft» war Hauptfach der Basisstufe unterwegs. Naturgesetze, biologische Fragestellungen und mathematische Themen begegnen Schülern und Lehrpersonen auf Schritt und Tritt und fördern den Wunsch, in den Büchern mehr über Pflanzen und Tiere herauszufinden, Baupläne zu errechnen, Gesetzmässigkeiten zu verstehen und das Tageserlebnis schriftlich festzuhalten. Leben und Lernen gingen bei dieser Unterrichtsform Hand in Hand. 

Während der Wintermonate lernten die Basisstufenkinder meist im und um das Schulhaus. Sie kamen in Kontakt mit Primar- und Sekundarstufe, gewannen dadurch neue (Lern-)Vorbilder und nutzten das Brütwerk für die Entfaltung ihres künstlerischen und handwerklichen Ausdrucks.

 

 

Ziele der Basisstufe unterwegs

Bis zum Ende der Basisstufenzeit hat ein Kind in der Scuola Vivante gelernt, praktische Aufgaben des Alltags zu lösen, sei dies ein Feuer zu entfachen, ein einfaches Essen zuzubereiten, einen Einkauf zu tätigen, mit Geld umzugehen oder einen Streit zu schlichten. Es hat seine Beweglichkeit und Geschicklichkeit entwickelt, sodass es ohne Probleme über die Steine eines Bachbetts balancieren, über einen Zaun klettern oder Pfeil und Bogen schnitzen kann. 

In der Basisstufe hat das Kind viel über die Welt gelernt. Es kann verschiedene Ausdrucksformen von Pflanzen, Tieren und Mitmenschen verstehen. Es erkennt verschiedene Tiere an ihrem Geruch und weiss Namen und Geschmack wichtiger Blumen, Heilkräuter und Bäume. Ob achtsam im Verkehr, wertschätzend in der Natur oder gesittet im Restaurant – es kann sich in ganz unterschiedlichen Umgebungen angemessen verhalten. 

Physikalische Gesetzmässigkeiten von Wasser, Luft und anderen Stoffen kennt es aus eigener Erfahrung sowie aufgrund von Experimenten, und es kann mathematische Zusammenhänge in der Welt erkennen. Am Ende der zweiten Klasse rechnet es sicher bis hundert und hat das Selbstvertrauen, sich im Millionenzahlenraum zu bewegen. Es hat erste Kontakte mit den Fremdsprachen Englisch und Französisch geknüpft und kann lesen, schreiben, sich in seiner Muttersprache ausdrücken sowie persönliche Gedanken zu Papier bringen.

Bis zum Ende der Basisstufe hat das Kind seine individuelle Persönlichkeit ein Stück weit entdeckt und weiterentwickelt. Es ist fähig, sich sowohl in eine Gruppe einzubringen als auch allein in ein Thema zu vertiefen. Es kann anderen respektvoll begegnen, ausgelassen lachen und spielen, Regeln einhalten, den Schulalltag mitgestalten, seine Befindlichkeit in Worten, Liedern und Bildern ausdrücken. Und vieles mehr.

Eine Gruppe von Kindern der Basisstufe der Scuola Vivante sitzt inmitten eines Hühnerhofes und  zeichnet und schreibt.

Erstes Schulhaus der Freien Volksschule Werdenberg/Scuola Vivante (Foto 1995)

Primarstufe

lebensbezogen – schöpferisch – mutig

Die Primarstufe der Scuola Vivante umfasste die dritte bis sechste Klasse, also ungefähr die Zeit vom achten bis zum zwölften Lebensjahr.

Das Primarschulalter ist die Zeit der Abenteuerlust und Entdeckerfreude. Kinder in dieser Altersspanne entwickeln die Fähigkeit, sich um die Mitmenschen zu kümmern, das soziale Empfinden wächst. Die Scuola Vivante nahm diese natürliche Motivation der Kinder dieser Altersstufe auf und baute mit einem vielseitigen, gemeinsam gestalteten Fächerplan an dieser Lernfreude und diesem Interesse weiter.

Im Zentrum der Primarschulzeit in der Scuola Vivante stand das Entdecken und Entwickeln der eigenen Begabungen und die Entfaltung der Persönlichkeit. Die Schülerinnen und Schüler konnten sich aktiv in die Gestaltung des Schulalltags einbringen. Sie planten das Programm der Tage im Freien, brachten Ideen und Wünsche für neue Kurse ein und arbeiteten an ihren persönlichen Zielen und eigenen Projekten.

Die Primarstufe war oft unterwegs in der Welt. Die naturnahe Lage des Schulhauses bot die Möglichkeit den Biologieunterricht in direkter Begegnung zu erfahren; Sterne und Mond wurden beobachtet, Pflanzen bestimmt, die Wasserqualität untersucht.
Das Rheintal in seiner Vielfalt wurde erkundet, Bachverbauungen vermessen, geschichtliche Orte und Museen besucht, Grenzen überschritten, Berggipfel bestiegen; der Horizont erweitert. Die Vernetzung der verschiedenen Unterrichtsfächer führt zu nachhaltigem Lernen.

Die Schülerinnen und Schüler waren in regelmässigem Kontakt mit verschiedenen Fremdsprachen. Den Schwerpunkt bildeten Französisch und Englisch. Erste Bildungsreisen und Konzertauftritte fanden ihren Platz im Curriculum und beinhalteten eine umfassende Bildung. Die regelmässige körperliche Bewegung bringt Zufriedenheit und Ausgeglichenheit. Der Geist ist rege. Die hohe Leistungsbereitschaft der Kinder dieser Stufe ist Ausdruck davon.

Stufenziele der Primarstufe

Primarstufenkinder der Scuola Vivante können am Ende ihrer Schulzeit eine Unterrichtsstunde gestalten und anleiten, ihre Schwächen und Stärken bezeichnen, mit einer französischsprachigen und einer englischsprachigen Person ein einfaches Gespräch führen. Sie können vor einer Gruppe von Menschen stehen und ihre Ansicht vertreten, einen Vortrag halten oder ein Lied singen. Sie haben Freude an mathematischen Fragestellungen. Sie denken und handeln gerne und übernehmen Verantwortung für das eigene Lernen sowie für das Gruppenwohl.  Sie vermögen mit wenig Hilfe ein Menü für ihre Lerngruppe zu planen und zu kochen – vom Rezept über Einkauf und Kochen bis zur Ordnung danach.

Sie sind lebensfroh, haben erste Kontakte zur Berufswelt geknüpft und verfügen über ein grosses Allgemeinwissen. Sie freuen sich auf den Übertritt in die Oberstufe.

Kodex Scuola Vivante (PDF)

Der Kurzfilm gewinnt beim Eduki Wettbewerb 2016 „Stell dir die Schweiz von morgen vor“  den Preis der Jury.

Eduki Wettbewerb Eingabetext 2016: Wasser für alle (PDF)

Sekundarstufe 1

chercher – regarder – trouver

Die Sekundarstufe 1 der Scuola Vivante umfasste die letzten drei Jahre der Schulpflicht sowie ein integriertes 10. Schuljahr, also die Zeit von ca. zwölf bis sechzehn Jahren. Es ist die gezielte Vorbereitung auf das Erwerbsleben. Der Körper verändert sich, der kritische Geist erwacht. Normen werden in Frage gestellt und kindliche Vorlieben über Bord geworfen.

Die Scuola Vivante gab den Jugendlichen den Raum, sich den neuen Fragen dieses Lebensabschnittes zu stellen und die eigene Ausrichtung zu finden. Der Schritt in den Berufsalltag wurde eingeübt, an der Persönlichkeit geschliffen, die eigenen Fähigkeiten wurden erprobt. Grosses Gewicht erhielt dabei die Förderung des persönlichen Ausdrucks über Sprache, Gesang, Kunst und Körper.

Die Jugendlichen lernten in jenem Leistungsniveau, das ihren Fähigkeiten entsprach. Sie wurden individuell auf Berufsweg und Übertrittsprüfungen vorbereitet. Schülerinnen und Schüler konnten auch spezielle Begabungen und ausserordentliche Berufswünsche mitbringen, die im herkömmlichen Schulsystem nicht gefördert werden. Die Jugendlichen hatten die Möglichkeit nach den neun obligatorischen Schuljahren ein 10. Schuljahr für die Vorbereitung an eine weiterführende Schule oder eines speziellen Berufswegs anzufügen.

Das Lernen ausserhalb der Schulräume war fester Bestandteil des Curriculums. Menschen mit speziellen (Berufs-)Erfahrungen und (Berufs-)Leidenschaften wurden in die Schule eingeladen. Regelmässige Bildungsreisen führten die Schüler über die Landesgrenze hinaus in neue Sprach- und Kulturregionen.

Die Scuola Vivante bildete mit ihren festen und freien Mitarbeitenden ein vielseitiges Team, das die Jugendlichen kompetent und zielgerichtet in ihren Zukunftsplänen unterstützte. Von allen – Lehrpersonen und Schülern – wurde erwartet, dass sie sich auf ihre eigene Persönlichkeit einlassen, ihre Talente leben und den Mut haben, ihren ganz individuellen Lebensweg zu gestalten.

Pantsula Dance, Tele Vivante 2015, Sekundarstufe 1

Stufenziele der Sekundarstufe 1

Oberstufenjugendliche der Scuola Vivante wissen nach Beendigung ihrer Schulzeit, was Lernen ist. Sie können sich auf eine weiterführende Schule vorbereiten, sie können Erfolge feiern und aus Niederlagen neuen Mut schöpfen. Sie habe alle Voraussetzungen, die sie für den Schritt in den nächsten Lebensabschnitt brauchen, sie sind lebenstüchtig, offen, zukunftsmutig und wissen, wie sie sich die fehlenden Fertigkeiten aneignen können. Sie kennen die Weltreligionen, freuen sich über die Vielfalt der Kulturen, haben sich Gedanken über die eigene Religiosität gemacht und eine vertrauensvolle Verwurzelung für ihren weiteren Weg gefunden.

Die Jugendlichen sind bereit, sich mutig und respektvoll für eine positive Weiterentwicklung der Gesellschaft einzusetzen. Sie sind sich der Chance bewusst, in den Genuss einer umfassenden Bildung gekommen zu sein und werden selbst zu fördernden Menschen in ihrem Umfeld.

Sie haben gelernt, sich Hilfe zu holen und sich auf differenzierte Art und Weise auszudrücken. Sie können sich fliessend auf Englisch und Französisch unterhalten und freuen sich an allen weiteren Fremdsprachen. Sie sind aufrecht. Durch ihr grosses Allgemeinwissen sind sie interessante Gesprächspartner.

Der Film „Immer Meer“ wurde von den SchülerInnen in drei Sprachen übersetzt

„Jeder Robben zählt“ Ein Projekt der Oberstufe der Scuola Vivante zum Schutz der vom Aussterben bedrohten Mittelmeer-Mönchsrobben, 2018

Mit ausserordentlichem Engagement sammelten die SchülerInnen der Sekundarstufe Geld für dieses Projekt der griechischen Organisation „Archipelagos“  und teilten auf ihrem Blog  ihr angeeignetes Wissen mit der Bevölkerung. Kefalonia Vivante

«Ein mehrschichtiger Leistungsbegriff und eine konsequente Individualisierung des Lernens; eine überzeugende Gestaltung und Nutzung des Lernraums; eine entwickelte Diskussionskultur; Kontrakte mit den Eltern. Das Schweizer Bildungssystem kennt aus guten Gründen keine Einheitsschule und erlaubt Nischen. Eine solche Nischenschule erhält einen Preis und so eine Anerkennung.»
Begründung der Jury Schweizer Schulpreis für die Wahl von Scuola Vivante

Freizeitangebot Brütwerk

Das Brütwerk – ein Tüftellabor bot Kindern und Jugendlichen, die den Wunsch haben, ihre erfinderischen und gestalterischen Talente zu entdecken und weiter zu entwickeln, eine universelle, sorgfältig eingerichtete und begleitete Tüftelwerkstatt. Sie war am Mittwoch- und Samstagnachmittag sowie zu Ferienkursen für alle Kinder und Jugendliche ab ca. 9 Jahren geöffnet. Eine Grundausstattung von Werkzeugen und Materialien, sowie technischen und künstlerischen Werkmitteln erlaubten ein übergreifendes Arbeiten. Hier konnten eigene Ideen und Projekte umgesetzt werden.

Die Kinder und Jugendlichen wurden von Fachpersonen aus dem Brütwerk-Team nach den Grundsätzen der Scuola Vivante technisch, gestalterisch und pädagogisch begleitet. Die Handhabung von Maschinen und Werkzeugen wurden in einem obligatorischen Einführungskurs vermittelt.

Bei gestalterischen Fragen oder Materialproblemen lernten die TüftlerInnen durch Experimentieren und Ausprobieren selber zu entscheiden und Lösungen aufzuspüren. Misserfolge und Fehler gehören zum Gestaltungsprozess und sind wichtige Lernerfahrungen. Bei grösseren Hindernissen machte sich jemand aus dem Team gemeinsam mit den Fragenden auf die Suche zu einem oder mehreren Lösungswegen.

Tüfteln
Das intensive Brüten über ein aufgetauchtes Problem fördert die Ausdauer, an Problemlösungen zu arbeiten. Es weitet die eigenen Grenzen. Gefundene Lösungen stärken das Vertrauen in eigene Ideen und Wahrnehmungen. Das gemeinsame Tüfteln und der gegenseitige Austausch fördern die sozialen Kompetenzen.

Tüfteln führt in die typische Arbeitsweise von Kunst, Wissenschaft und Technik ein.

Freier Tüftelbetrieb
Nach dem Besuch des Einführungskurses stand das Brütwerk offen, die eigenen Ideen und Projekte umzusetzen. Der Besuch des Brütwerks beruhte auf Freiwilligkeit.
Der Tüftelbetrieb wurde über Stiftungen und die öffentliche Hand finanziert. Es wurden nur die Materialkosten verrechnet.

Repair Café
Zweimal pro Jahr wurde das Brütwerk für das Repair Café der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Dies wurde rege und dankbar genutzt.
Repair Café ist: gemeinsam kaputte Sachen reparieren, fachkundige Beratung, Kaffee und Kuchen, nette Begegnungen und viel Inspiration.

Schweizer Schulpreis

Die Scuola Vivante nahm im Jahr 2013 an der Ausscreibung für den Schweizer Schulpreis teil. Für die Wettbewerbseingabe nahmen wir als Schule zu folgenden fünf Qualitätsbereichen Stellung:

Leistung
Umgang mit Vielfalt
Unterrichtsqualität
Verantwortung
Schulklima, Schulleben, ausserschulische Partner
Schule als lernende Institution

Bewerbungsdossier Schulpreis 2013 (PDF)

Dépôt de candidature – Prix suisse des écoles 2013 (PDF)

Richiesta-Premio-scolastico-svizzero-2013 (PDF)

Das Bewerbungsdossier entstand in enger Zusammenarbeit von Team, SchülerInnen, Eltern, Ehemaligen und Schulleitung.
Nach Studium unserer Unterlagen wählte die Experten- und Jurykommission des Schweizer Schulpreises aus den rund 800 eingegangenen Bewerbungen 18 Finalisten aus, die jeweils von fünf Mitgliedern besucht und beurteilt wurden. Hier im folgenden PDF der Besuchsbericht der Experten- und Jurymitglieder vom Schweizerischen Schulpreis 2013, aufgrund dessen die Scuola Vivante im Dezember 2013 den Schweizer Schulpreis gewann.

(Die Namen der Kinder und Jugendlichen sind geändert.)

Expertenbericht Schweizer Schulpreis (PDF)

Auszeichnungen, Awards und Einladungen

Eine Auswahl an  den aktuelleren) Auszeichnungen und Einladungen der 28 Schulentfaltungs-Jahre

Auszeichnungen und Preise

Zertifikat UNESCO-assoziierte Schulen (ASPnet), 2010

Geo-Preis der Artenvielfalt für die Projektarbeit im Ruggeler Riet, 2010

Lissa-Preis 2010, Anerkennungspreis für die Förderung von Kindern mit Hochbegabung für den Lernraum Brütwerk

Schweizer Schulpreis 2013

Eduki –Preis „Wasser für alle“ Agenda 2030, im Palais de Nation in Genf, 2016

Auszeichnung des Brüwerks mit dem Sonderpreis der Donum Vogt Stiftung „Für besonderes Engagement“, Vaduz, 2016

Einladungen

UNESCO week of peace in Ottawa, März 2017, Podiumsteilnehmer und Workshop der Scuola Vivante

Tagung „Bildungsagenda 2030“, Bern, Juni 2017, Podiumsteilnehmer

Festival Beyond the Border, Griechenland, August 2017, Podiumsteilnahme

Silafest, Serbien, August 2017, Podiumsteilnahme

Einladung an die TeesNet Konferenz Liverpool Hope University, September 2017, “Making the Sustainable Development Goals Real”, Workshop der Scuola Vivante

Awards 2017/2018

„Mare Nostrum – Ein Konzert. Eine Reise.“
Ein Film von Stefan Haupt und Michelle Brun
Vivante Productions 2015


TOURA D’OR, Berlin
WHITE ACACIA „BEST ORIGINAL SCORE“, SILAFEST Veliko Gradiste, Serbia
BEST DOCUMENTARYAugust Winner, ARFF BARCELONA
ART&TUR Festival BEST MUSIC and ART, Vila Nova de Gaia, Portugal
TORRES CATALUNYA FESTIVAL, Documentary, Adventures, Expeditions and Rotes,Tortosa, Spanien

Official Selection 2017/2018


International Documentary Festival BEYOND THE BORDER, Castellorizo -Greece
ARFFBERLIN-AMSTERDAM-BARCELONA-PARISCANNES CORPORATE Media & TV Awards, Cannes, France
BAKU International Cinema Festival, Baku, Azerbaijan
MedFF Mediterranean Film Festival, Syracusa, Italy
Docs Without Borders Film Festival, Nessau, USA
Near Nazareth Festival, Israel
VACIF Vancouver Alternative Cinema Festival, Canada
Best Independent Film Festival, Germany
Move Me Productions Belgium Film Festival, Belgium
INSPIRED FAITH FILMFESTVAL, Atlanta, USA
OUCHY FILM AWARDS, Lausanne, Schweiz