In einem Interview im Liechtensteiner Volksblatt vom 12.02.2011 mit Fürst Hans-Adam II. von Liechtenstein zu seinem Buche «Der Staat im dritten Jahrtausend» folgendes:
Wolle Liechtenstein an der Spitze in der Welt stehen, dann sollte es sich vom staatlichen Bildungssystem verabschieden. Die Reformen müssten jetzt eingeführt werden, wirkten sich Reformen im Bildungssystem doch erst nach Jahrzehnten aus.
Warum Fürst Hans-Adam II. nicht müde wird zur Eile zu mahnen, erklärt er in seinem Buch. Statt die Schulen mit Steuergeldern zu subventionieren, sei es besser, die Schüler zu subventionieren. Nicht in der Schulpflicht sieht er die Lösung für die heutige Zeit, sondern in Gutscheinen für Schüler und Eltern, die sich gegenüber dem Staat verpflichten, «ihre Kinder selbst oder privat auszubilden».
Wer den Wohlstand über bessere Schulbildung ankurbeln will, braucht einen langen Atem. Den hat der Fürst, der in Generationen denkt, auch in anderen Dingen bewiesen.
Ich möchte dieses Zitat als Illustration eines grundlegenden Wandels in der Bildungsstruktur nutzen und damit einen Schritt weiter gehen als die Forderung nach Schulwahlfreiheit. Die Schulpflicht, eine der grossen Errungenschaften des 19. und 20. Jahrhunderts, stösst heute mit diesem System an ihre Grenzen: Im Kanton Zürich benötigen 40% der Schüler in irgendeiner Form Fördermassnahmen, unzählige Schulreformen zeichnen die Bildungslandschaft, Konzepte zur Sonderförderung von Hochbegabten schiessen aus dem Boden, das Weltwissen verdoppelt sich alle paar Jahre. Gleichzeitig werden gängig gelehrte Modelle aus der Naturwissenschaft widerlegt, die neuen Medien verändert die Wissensaneignung und Verarbeitung grundlegend, die Lehrerschaft klagt über stetig wachsende Anforderungen, die in die Schule delegiert werden. Männliche Lehrpersonen verlassen die Schulstube und setzen ihre Kräfte in Berufen mit Karrieremöglichkeiten ein, Motivationsprobleme unter Kindern und Jugendlichen, die die Schulzeit absitzen und kein Verantwortungsbewusstsein entwickeln, macht sich breit.
Die Schule als alleinige Bildungsverantwortliche ist überfordert. Gleichzeitig mehren sich Beispiele von Biographien über Menschen mit hohem Bildungsniveau, die nie eine Schule besuchten. Als Beispiel sei André Stern aufgeführt.
Die Hinführung zur Bildungsverantwortung bietet die Chance, dass die Bereiche Schule-Freizeit-Familie durchlässiger und offener werden. Es ist eine geteilte Verantwortung. Sie bezieht nicht nur Schule, Eltern und Kinder mit ein, sondern kann auch die Öffnung von Industrie, Gewerbe, Politik und Kultur gegenüber Kindern fördern.
Der Begriff Schule wird dadurch erweitert, da viele ausserschulische Angebote einen Wert erhalten und als Ausbildungsbestandteil der Heranwachsenden angerechnet werden können.
Zum Beispiel Instrumentalunterricht, Sprachaufenthalte, Freizeitkurse, Teilnahme in einem Sportclub, Leitung einer Jugendgruppe, Aktivitäten in Naturschutzorganisationen, Hütten bauen auf dem Abenteuerspielplatz, die Zeit in einer Tüftelwerkstatt…
Buchs SG, 2011